Performative Writing

Lügt immer: Performative Male

Immer auf der Suche nach dem neuesten Riesenarschloch, treiben Gesellschaftsjournalistinnen nun die nächste Sau durch den Blätterwald. Diesmal haben sie aus dem in der Tiefe schlummernden, schier unendlichen Schatz misogyner Übelmänner einen Softie mit lackierten Fingernägeln, einen Heiratsschwindler und einen Pick-up-Artist geborgen, und daraus eine Art Weinsteins Monster zusammengezimmert: den sogenannten Performative Male.

Dieser niederträchtige Männertyp sitzt mit Buch und Brille im Park, um Frauen aufzureißen, die auf empfindsame Kuschelkater stehen. Die Accessoires sind nur Köder, die den Performative Male weich, intelligent und harmlos wirken lassen sollen. Denn das Buch mit dem Einband eines feministischen Standardwerks enthält nur leere Seiten, die Brille ist aus Fensterglas. Er muss schließlich gut sehen und darf nicht abgelenkt sein. Stundenlang sitzt er da, reglos wie ein Angler, und wartet bis eine unvorsichtige Frau anbeißt.

Dann schleppt er sie ab. Er wohnt im Keller des Verbindungshauses einer rechten Burschenschaft; in der tiefen Tasche seiner weiten Leinenhose ruht ein großes Klapptranchiermesser, mit dem er trefflich umzugehen weiß, wo er seine zarte Achtsamkeit nicht ausreichend gewürdigt sieht.

Doch zum Glück entlarven zwei zentrale Erkenntnisse den vorgeblichen Frauenversteher bereits im Vorfeld als Unhold. Die eine: Der Mann lügt immer, er ist ein geborener Schauspieler. Und die andere: Du kannst zwar den Mann aus dem Toxischen holen, aber nicht das Toxische aus dem Mann.

Wenn frau das erst einmal verinnerlicht hat, erkennt sie das Dreckschwein ganz leicht, denn notgedrungen ist sie mittlerweile so schlau wie das siebte Geißlein, das sich im Uhrenkasten verbirgt, wenn der kreidefressende Metrosexuelle vor der Tür steht, und sein vergiftetes Süßholz raspelt: Statt einen Gin Toxic bestellt er am Tresen eine Liebfrauenmilch, nur um die Girls in Sicherheit zu wiegen. Und befragt man ihn nach dem Inhalt seiner Parklektüre, kommt da nur ein stumpfes Grunzen. Schließlich ist und bleibt er ein Mann; da kann er sich noch so gründlich waschen, und noch so geschickt mit androgynem Fummel verkleiden.

Damit verschulden die Performative Males auch einen verheerenden Backlash in der Partnerwahl. Denn ihre Falschheit zwingt die Frau quasi zurück in die Arme der Nonperformative Males mit ihren festgetrockneten Bremsstreifen in den Monatsschlüppis, und ihrer old school Violence. Deren Frauenverachtung ist wenigstens ehrlich, damit kann man umgehen, dafür gibt es bewährte Tools: Frauenhaus, Scheidung, Gattenmord.

Doch das Vortäuschen von Haltungen macht beim Phänomen des Performative Male noch lange nicht halt. In sämtlichen Bereichen strömen nun die schamlosen Lügenbolde aus ihren Verstecken hervor, wie Ratten aus ihren Löchern.

Nehmen wir nur die Performative Mum. Zu tun als ob, ist auch ihre Devise, dabei gehen ihr die Gören komplett am Arsch vorbei. Sie will sich einfach nur fett trenden. Um die abgeschmackte Baby-Show echter aussehen zu lassen, hat sie sogar richtige Kinder; so wirken auch die Schilderungen von der Geburt authentischer. Den ganzen Tag schiebt sie Kinderwagen durch die Gegend, trifft sich mit anderen Müttern, und whattsappt mit der KiTa-Gruppe. Natürlich ist das eine Qual, vor allem für sie selbst. Viel lieber würde sie sich auf Ko Mai Tai um den Verstand saufen, doch für die perfekte Performance ist ihr kein Opfer zu groß. Wie sehr sie damit die Nöte echter Mütter verhöhnen, scheint den Pseudo-Mamas dabei völlig egal zu sein.

Ein anderer notorischer Betrüger ist der Performative Patient, nicht zu verwechseln mit einem Hypochonder. Der Performative Patient ist noch viel schlimmer. Denn er fühlt sich nicht nur krank, sondern er ist krank. Mit seinem impertinenten Leidenstheater aus Wehgeschrei und prahlerisch schlechten Blutwerten buhlt er massiv um Aufmerksamkeit. Zugleich blockiert er medizinische Kapazitäten, die sonst anderen Kranken zugute kommen würden, die sie ja ebenfalls brauchen. Eine derartige Rücksichtslosigkeit kennt man sonst nur von betrunkenen Rasern in Spielstraßen. Was glauben diese tückischen Egomanen eigentlich, wie unser Gesundheitssystem bei dessen ständiger Inanspruchnahme überhaupt noch funktionieren soll? Meinen sie, sie wären die einzigen, denen es irgendwie nicht gut geht? Denken sie, sie sind alleine auf der Welt?

Im Vergleich dazu wirkt sogar der abgefeimteste Performative Male noch halbwegs wie ein Mensch. Doch niemand ist mehr, was er scheint, alle faken nur noch irgendwelche Rollen. So findet der Performative Patient schnell seinen Meister, sobald er an einen Performative Doctor gerät. Das ist wie King Kong und Godzilla in einem Titanenkampf der Schwindler. Der Patient schreit, der Arzt verschreibt, und zwar einfach irgendwas, das die Performative Pharmacy jedoch leider nicht auf Lager hat. Wie sollte sie auch, sie spielt ja nur Apotheke, um Kunden anzulocken und dann zu verarschen. Und wenn es brennt, schaut kurz ein Performative Feuerwehrmann vorbei und zuckt lässig mit den Schultern.

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